Online-Theaterbesuch beim Jungen Ensemble Stuttgart
Ein Theater-Besuch im Klassenzimmer? Wie soll das funktionieren? Und wo bleibt die Atmosphäre?
Die Klassen 8 der Werkrealschule hatten am Montag, den 21.02.2022 ein besonderes Erlebnis: Sie loggten sich über die schuleigenen iPads zu einer Vorstellung des JES – Jugendtheaters Stuttgart ein. Gespielt wurde das Stück Bro*Call von und mit Milan Gather und Anna-Lena Hitzfeld. Aufgrund der anhaltenden Schließungen der Theater hatte sich das Team entschieden, die Performance ins Digitale zu übertragen.
Dabei ging es um die Rolle der Männer in unserer Gesellschaft. Auf der Homepage des Theaters wird Bro*Call so beschrieben: „Sei ein Mann!“ Diesen Satz bekommen viele junge Männer zu hören. Dahinter stecken bestimmte Männlichkeitsbilder wie Mut, Dominanz, Testosteron oder breit gebaut, braungebrannt, 100 Kilo Hantelbank– und ganz viele ungeweinte Tränen. Viele Jungs versuchen, diesen Vorstellungen zu entsprechen. Sie haben das Gefühl, andere Menschen erwarten das. Das kann ganz schön anstrengend sein. Vor allem, wenn man das eigentlich gar nicht will. Und eigentlich ganz anders ist.
Wie kann man entdecken, was man mag und wer man ist? Wie soll man mit all den Erwartungen umgehen? Was wäre, wenn diese Erwartungen nicht da wären? Was würdest du dann machen? Wer würdest du sein? Würdest du öfter um Hilfe bitten? Würdest du mehr über (deine) Gefühle sprechen? Würdest du anders mit Jungs und Mädels umgehen? Und würden sich die anderen Menschen dir gegenüber anders verhalten?
Die Schauspieler Anna-Lena Hitzfeld und Milan Gather stellen sich all diese Fragen. Für ihr Freispiel haben sie mit Jungs und Männern zwischen 10 und 67 Jahren gesprochen. Die Interviews werden Teil der Performance sein, die Menschen jeglichen Geschlechts dazu einladen soll, kritisch, positiv und neugierig über Männerbilder nachzudenken.
Auch wenn natürlich die Atmosphäre im Theater in der Eberhardstraße in Stuttgart eine andere gewesen wäre als im Klassenzimmer: Das Thema war für die Schülerinnen und Schüler spannend und regte zu Diskussionen an. Und vielleicht hat sich in der Gedankenwelt bei der einen oder dem anderen doch etwas bewegt.
S. Mähring